01April
2021

Von allem etwas - bitte!

Wir haben es geschafft! Die längste Etappe unserer Tour und ebenso die Mitte der Gesamtstrecke liegen hinter uns - und ganz viel Anstrengung und tolle Momente. 

Fangen wir morgens an: wie sollte es auch anders sein, Familie Baumbusch lässt niemanden ohne Essen ziehen! Zwar war das Frühstück im Sinne einer längeren Schlafenszeit eher kurz angesetzt gewesen, das leckere Essen und die guten Gespräche hatten jedoch bald jeden guten Vorsatz vom Tisch gefegt. So brachen wir erst um 9:15h gen Pforzheim auf. 

Da wir uns am Vortag ja die Berge hochgeschafft hatten, musste es heute dann erst mal runter gehen. Das tat es auch - in Form einer alten geteerten Trassenstraße - wirklich ein Genuss zum runtersaußen. Ob es sich dafür jetzt lohnt, die schwäbisch Alp zu erklimmen? Sicher nicht nur. Aber die Menschen dort oben und die tolle Landschaft sind es allemal wert! 

Reutlingen, unsere erste (und leider nicht letzte) Stadt für heute war schnell durchquert. Die Radnetze auch hier eine wahre Freude. Grundsätzlich lässt sich fest halten: zwischen den Städten und Orten im Bereich der Landstraßen gibt es oft richtig tolle Radwege - die führen das  noch ein kurzes Stück in den Ort/die Stadt hinein, und dann muss man schauen wo man bleibt - gerade mit der Navigation. Ich will nicht lügen: ich habe uns das ein oder andere mal in die Irre geleitet - das kostet dann  Zeit und Nerven aber letztendlich ging diese Stadtdurchfahrt ähnlich wie die von Tübingen sehr gut. Beides übrigens Städte mit sehr schönen Bereichen und einem Herz für Radfahrer (v.a. halt auch Tübingen als Studistadt) 

Die Strecke zwischen den beiden Städten hatten wir auf Anraten von Amrais Papa etwas abgewandelt- was zur Folge hatte, dass wir heute die 100 km sicher voll gemacht haben (also ca. 4km mehr gefahren sind als geplant), uns dafür aber Höhenmeter einsparten. 

Das sich hier zeigende Phänomen bemerkte ich auch später am Tag nochmal - ich werde oft gefragt, wie viele Kilometer ich fahre. Was ich nicht gefragt werde ist: wie waren die Wetterbedingungen und die Temperaturen, v.a. der Wind, wie die Beschaffenheit der Strecke, wie die Steigungsverhältnisse? All diese Parameter, zusammen mit der eigenen Konstitution sind entscheidend dafür wie schwer oder leicht eine Route ist. Stefan, der letzte Nacht endlich mal gut schlafen konnte, ist heute zu neuen Hochtouren aufgelaufen. Ich hingegen hatte bei Hitze am Vormittag (bis ca. Herrenberg) und starkem Gegenwind bei leichter Steigung bis Calw zusätzlich noch ein Mittagstief und mir vielen diese Kilometer, v.a. die bis Calw echt schwer. 

Herrenberg markierte die Hälfte unserer heutigen Route und war damit super für eine Mittagspause geeignet. Dachten wir - die Stadt hat uns nicht überzeugt. Aber für ne Pause war es okay. 

Noch enttäuschender war Calw. Die Stadt an der Nagold markierte die exakte Mitte unserer Gesamttour, befand sich also bei km 252 und ich wollte mir eine Pause dort nicht nehmen lassen. Das Grauen begann für mich jedoch schon in Stammheim mit einer Abfahrt in ein echt tiefes Tal, bei der jäh der Radweg endete (wegen RODUNGSARBEITEN!) und wir deshalb die Straße runter fahren mussten. Dabei waren wir so schnell, dass ich das erste Schild, dass uns zurück auf den Radweg geführte hätte übersah, bei dem zweiten noch zu perplex war und für das dritte nicht schnell genug reagieren konnte (wir hätten nach links über die Gegenfahrbahn gemusst und sowohl unsere als auch die Gegenfahrbahn waren stark befahren gewesen). Auf der andern Seite des Dorfes mussten wir dann just den Berg wieder hoch und schon  waren wir in Calw  - einer unglaublich hässlichen Stadt: super viel Industrie, kaum Radwege, wenig grün in der Stadt, große Einkaufszentren Stadt kleiner Läden, winzige Altstadt.

Das war tatsächlich echt schade und nachdem wir uns (tatsächlich nach einer kurzen Pause an dem einzig okayen Fleck in den Stadt, den wir gefunden hatten) wieder auf den weg machten, hatte ich keine hohen Erwartungen mehr an das Nagold-Tal.

Großer Irrtum: ich habe es geliebt! Von bewaldeten Hängen umgeben, mit ganz viel Grün und Natur und tollem Radweg neben dran fließt die Nagold hier Richtung Pforzheim am ganz vielen  süßen Örtchen vorbei die wir super gern durchfahren sind. Neben tollen Kletterfelsen und wunderschönen Brückchen fanden sich auch überall alte Fachwerkhäuschen und andere Kleinode an Baukunst. Der Radweg war klar - es ging ja nur in eine Richtung und mit wenigen Steigungen super zu fahren - wir erwischten jetzt halt auch die Abenstunden mit tief stehender Sonne und Abendgesängen der Vögel. Diesen Teil der Tour würde ich jeder Zeit wieder fahren. 

In Pforzheim angekommen erwartete uns Florentine, die uns morgen auf unserer Tour nach Speyer begleiten wird und schon alles für unsere Ankunft vorbereitet hatte. Sie ist eine ehemalige Kommilitonin von mir und fehlt in Homburg sehr. Umso schöner, dass wir uns heute Abend ausführlich austauschen und zusammen Abendessen konnten. Nun sind wir gewaschen wie auch unsere Kleider, gesättigt und außerdem reif fürs Bett.